Etwa ein Viertel aller Menschen erlebt während der Nahtoderfahrung einen Lebensrückblick, welcher auch Lebenspanorama oder Lebensfilm genannt wird. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens dieses Phänomens ist umso höher, je unerwarteter und bedrohlicher die nur subjektiv empfundene oder auch tatsächliche Todesgefahr auftritt. Dementsprechend häufiger erleben Menschen dieses Phänomen im Zusammenhang mit einem Absturz oder einem Verkehrsunfall. Eine erste Sammlung solcher Rückblenden veröffentlichte 1892 der Geologe Prof. Albert Heim im Jahrbuch des Schweizer Alpenclubs.

Die Form dieser Lebensfilme ist äusserst variantenreich. Die Bilder können farbig oder schwarzweiss, die Projektion kinoartig oder multidimensional sein: beispielsweise kugelförmig um den Betrachter angeordnet. Sogar ein Bildschirm wurde beschrieben, in welche der Erfahrende hineinschauen konnte.

Eine sehr spezifische Gemeinsamkeit liegt aber in der imponierenden Gleichzeitigkeit der Projektionsstränge respektive des Abspielens dieser zurückliegenden Ereignisse. In einer Geschwindigkeit, wie man sie aus dem normalen Leben nicht kennt, werden  Ausschnitte oder auch die Gesamtheit des zurückgelegten Lebens vor einem ausgebreitet.  Gelegentlich wird das Lebenspanorama episodisch in die Zukunft fortgeführt, wo dem Erfahrenden wichtige und oft schwierige Lebensstationen gezeigt werden, die erst noch eintreten werden. Diese sind nach Aussage der Betroffenen in der Regel dann auch tatsächlich eingetreten.

Gleichzeitig mit dem Lebensfilm findet meist eine Art moralische Bewertung stattf. Dies lässt vermuten, dass der Zweck dieses Phänomens die Bilanzierung des bisherigen Lebens ist. Oft berichten die Erfahrenden über eine bedingungslose Liebe, die alles bisher Bekannte tausendfach übersteigt und beim Betrachten schuld- und schambelasteter Lebenssequenzen hilft.  Zudem werden eigene Empfindungen sowie auch diejenigen der damals involvierten Personen nochmals durchlebt. Ob das eigene Wirken gut oder schlecht war, erfährt der Betroffene durch das Mitempfinden der Regungen, die er bei seinem Nächsten ausgelöst hat. Bei belastenden Formen des Lebensrückblicks fühlt sich die betreffende Person ähnlich einem irdischen Prozess angeklagt oder wird grundsätzlich die Rückschau negativ bilanziert. Diese Form scheint aber insgesamt seltener und mehrheitlich mit erschreckenden NTE’s gekoppelt zu sein.

Typischerweise wird auch mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass gewisse Vorkommnisse des eigenen Lebens, die man selbst als verfehlt in Erinnerung hatte, unter Umständen gar nicht negativ bewertet werden, während andere, die man als gelungen oder zumindest unproblematisch einschätzte, nun plötzlich negativ erscheinen.

In NTE’s von Kindern scheint ein Lebensrückblick eher selten aufzutreten. Das wird damit erklärt, dass ihr Leben noch kurz und oft unbelastet war. In Japan scheint das Auftreten eines Lebensrückblicks ebenfalls seltener. Die geringe Fallzahl bisher untersuchter NTE’s lässt eine sichere Aussage aber noch nicht zu.[1]M. Ohkado, B Greyson. A Comparative Analysis of Japanese and Western NDEs.  Journal of Near-Death Studies, Vol. 32, 04/2014, S. 187-198.

Referenzen

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1 M. Ohkado, B Greyson. A Comparative Analysis of Japanese and Western NDEs.  Journal of Near-Death Studies, Vol. 32, 04/2014, S. 187-198.