„Es war an einem heissen Sommertag. Ich war 6 und ging wie oft im Sommer im nahen Greifensee baden. Schwimmen konnte ich noch nicht. Meist plantschte ich in einem grossen Autopneu sitzend im Wasser rum. Doch dieses Mal war meine 7 Jahre ältere Schwester mit ihren Teenager-Kolleginnen da. Eine hatte eine Luftmatratze mit dabei. Ich bettelte die Teenies an mir die Matratze auszuleihen. Sie wollten nichts von mir wissen, ich störte. Nach hartnäckigem weiterfragen überliessen sie mir schliesslich die Matratze damit sie endlich ihre Ruhe vor mir hatten. Genervt standen sie auf und gingen in den Wald direkt hinter dem Strandabschnitt um für sich zu sein.
Ich nahm die Matratze und legte mich bäuchlings darauf. Mit den Armen ruderte ich weiter raus. Irgendwann wollte ich mich auf den Rücken drehen. Ich hatte keinerlei Erfahrung mit Luftmatratzen und so wusste ich nicht, dass dies nicht geht. Ich versuchte es also – die Matratze bäumte sich auf und ich fiel ins Wasser. Ich versuchte sie zu greifen doch es klappte nicht. Eine Weile konnte ich mich mit strampeln über Wasser halten doch dann ging mir die Kraft aus, ich schluckte mehr und mehr Wasser und ging unter. Als sich Seegras um meine Beine schlang ergriff mich grosse Panik. Ich hatte das Gefühl von diesem Tang runtergezogen zu werden.
Doch dann war urplötzlich die Angst weg. Ich spürte weder Seegras noch Panik sondern fühlte mich rundum wohl. Ich war eingebettet in einer wunderbaren, geheimnisvollen Farbe und alles durchdringende Klänge. Ich fühlte mich vollkommen getragen und geborgen. Aufgelöst war ich Teil dieses Klangs und der Farbe. Einer Farbe, die ich später auf der sogenannt realen Ebene zu mischen versuchte. Es war jedoch nicht möglich. Bis heute habe ich sie nie irgendwo auch nur annähernd wieder gefunden. Ich kann sie auch mit den zur Verfügung stehenden Worten nicht beschreiben. Genauso wie auch die Gefühle die mich nicht einfach nur erfüllten – nein, ich war Teil des Ganzen. Noch heute klingt es in mir und ich bin noch immer tief berührt davon.
Ein Fischer sah vom Ufer aus mein Strampeln und Untergehen. Er holte mich vom Grund hoch, wie er mir erzählte. Seine Bemühungen mich zurück ins Leben zu holen waren erfolgreich. Ich war allerdings nicht sehr dankbar dafür. Ich war unglaublich wütend und traurig. Ich wollte doch so gerne dort bleiben. Es war ein Schock wieder in meinem Körper zu sein, zumal mein Leben in meiner Familie aus konsequenter Ablehnung und Gewalt bestand. Dieses Gefühl des aufgehoben und geborgen seins zu verlassen löste in mir pure Verzweiflung aus. Diese Verzweiflung hielt lange an.
Viele Jahre begleitete mich eine grosse Todessehnsucht. Meine Lebensumstände liessen mich vollkommen alleine mit all dem Geschehenen. Ich hatte niemanden mit dem ich gewagt hätte darüber zu sprechen. Denn von klein auf hiess es, ich hätte den Teufel in mir
Alles was ich sagte führte zu Strafen. Die Angst, die Erwachsenen könnten damit Recht haben, liess mich mehr und mehr verstummen. Denn ich sah Farben um Pflanzen und später Wesen, die andere offensichtlich nicht wahrnahmen. Also war mir klar, dass etwas mit mir anders war. Gleichzeitig erfüllte mich aber auch dieses Erleben von tiefem Glücksgefühl und ein unerschütterliches Wissen, dass ich dahin gehöre und dahin zurück kehren werde. Den Kontakt mit dieser Welt habe ich nie wieder verloren. In Not erhielt ich jederzeit Hilfe und Führung, in die ich mehr und mehr Vertrauen fasste.
Durch meine frühe Heirat, und die Geburt des Sohnes mit erst 19 Jahren, wurde mir die Möglichkeit geschenkt, ganz ins Hier und Jetzt zurück zu finden. Doch die noch immer tiefsitzende Angst, nicht normal zu sein, lief mit. Ich begann gegen meine Fähigkeiten, Dinge zu sehen, anzukämpfen. Ich wollte nichts davon wissen, sondern einfach ganz normal sein. Das Verdrängen führte jedoch dazu, dass ich immer häufiger zwischendurch abdriftete und ich erschreckt feststellte, dass ich immer wieder Erinnerungslücken hatte.
So kam die früher schon einmal aktuelle Angst, schizophren zu sein, wieder auf und ich suchte mir die Hilfe eines Psychiaters. Ich öffnete ein Telefonbuch und bat meine Helfer meinem suchenden Finger den richtigen Namen zu zeigen. Dort rief ich an und vereinbarte einen Termin. Glücklicherweise überzeugte mich der Psychiater bei diesem Besuch recht schnell davon, in keiner Weise gestört zu sein. Vielmehr legte er mir ans Herz, mich mit meinen Gaben anzufreunden und diese zu nutzen. Dieser eine Termin hat alles verändert.
Es gelang mir immer besser, all die Dinge die ich wahrnahm in mein Leben zu integrieren. Langsam fand ich Frieden und konnte mich an den Fähigkeiten, die mir zuteilwurden, erfreuen und sie nutzbringend einsetzen. Heute bin ich dankbar für die wunderbare Nahtoderfahrung, dessen Gefühl und Klänge mich noch immer begleiten.“